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Die Sekunde als der Strom wieder da war

Hurricane Sandy liegt nun 6 Tage hinter uns. Dennoch leiden viele Menschen hier in New York noch unter den Auswirkungen.

Am Donnerstag waren wir in der dunklen Stadt unterwegs. Es war eine ganz eigene Atmosphaere kann ich Euch sagen. Keine Strassenlaternen, keine Lichter in den Haeusern. Am krassesten war der Uebergang von Bereichen wo der Strom noch oder wieder da war. Man laeuft durch Manhattan und alles ist wie immer. Ploetzlich baut sich vor einem die Schwaerze auf. Unzaehlige Streets und Avenues die einfach nur dunkel sind.

Als wir am Empire State Building vorbei gekommen sind (dort gab es zu jeder Zeit Strom) dachten wir, es waere eine coole Idee mal rauf zu fahren auf den 86. Stock. Auch wenn ich die Kamera manchmal die natural extension of my hand (die natuerliche Verlaengerung meiner Hand) nenne, da ich sie so oft gebrauche, hatte ich sie doch tatsaechlich mal nicht dabei. Also haben wir fuer den naechsten Tag, Freitag, 4 Tage nach Sandy, geplant hoch zu fahren.

Am Freitag war es soweit und statt einfach nur auf die 86. Etage zu fahren sind wir sogar bis zur 102. rauf. Dort muss man zwar leider durch Fenster fotografieren, aber es ist dennoch sehr genial. Besonders schoen war es auch mitzuerleben wie jemand seiner Freundin einen Heiratsantrag gemacht hat, da oben auf der Hundertzweiten. Nein, ich habe nicht gefragt, ob sie noch einen Hochzeitsfotografen brauchen… und ja, sie hat “ja” gesagt.

Das genialste an unserem Besuch war, dass wir live mitbekommen haben wie der Strom in Teilen von Midtown wieder angegangen ist. Es war der Bereich der am dichtesten an uns dran war. Es war schon beeindruckend zu sehen wie ein dunkler Stadtteil ploetzlich wieder zum Rest des Bildes passt und die geschwaechte Stadt wieder ein bisschen lebendiger wurde.

Hier nun meine Slideshow bei der ich die unmittelbar nacheinander geschossenen vorher/nachher Fotos ineinander blende. Tatsaechlich gingen die Lichter natuerlich nicht so langsam wieder an wie in meiner Slideshow zu sehen, aber ich fand den Effekt dennoch gut.

Aktueller Stand hier in der Tri-State Region: In New York gab es gestern Abend allein bei mir im Stadtteil Queens immernoch ueber 70.000 Haushalte ohne Strom. Die U-Bahn in NYC hat zu 80% den Betrieb wieder aufgenommen. Vorher fuhren die Subways nur noerclich der 34. Strasse, aber nun gibt es auch wieder Verbindungen nach Downtown Manhattan.

Heute sollte es den grossen Marathon geben. Es gab viele verschiedene Meinungen dazu. Der Marathon sollte einem guten Zweck dienen, gleichzeitig wurden den Ehrenamtlichen Helfern Generatoren zur Verfuegung gestellt und dafuer gab es verstaendlicher Weise nicht ueberall Verstaendnis. Auch in meinem unmittelbaren Bekanntenkreis gibt es Menschen die ohne Strom bei 15 Grad Celsius zu Hause schlafen und die Energie sicherlich besser gebrauche koennten. Am Ende wurde der Marathon dann doch abgesagt.

In New Jersey, speziell Hoboken sind immernoch viele Haushalte ohne Strom. Ueberall gibt es Ausgabestellen fuer Lebensmittel und Tische auf denen einfach nur Mehrfachstecker liegen damit die Betroffenen ihre Handies aufladen koennen um der Verwandtschaft mitteilen zu koennen, dass sie (mehr oder weniger) ok sind.

Ein sehr, sehr grosses Problem ist hier auch die Benzinknappheit. Das erste was ich sehe, wenn ich bei mir an die naechste Hauptstrasse gehe sind lange Autoschlangen die sich ueber mehrere Blocks ziehen. Alle hoffen darauf die auf 5 oder manchmal 10 Gallonen begrenzte Menge an Benzin tanken zu koennen. Sei es fuer Autos oder Generatoren.

Angeblich ist jede Menge Benzin unterwegs, aber es wird noch ein paar Tage dauern bis alles wieder normal laeuft und das Benzin ausgeliefert werden kann.

Es freut mich, wenn ich Euch auf diesem Weg auf dem Laufenden halten kann und Ihr auch ein bisschen Freude an meinem Video/Fotomaterial habt. Ich bin froh, dass ich auch fuer mich diese einzigartigen Eindruecke dokumentieren kann. Man erlebt das Ganze doch mit sehr gemischten Gefuehlen. Staunen, Freude darueber, dass es einem selbst doch gut geht, Mitleid fuer die, die es deutlich schlimmer getroffen hat, Entsetzen, man ist schockiert darueber was Wind und Wasser angerichtet haben und besonders darueber was es fuer Folgeschaeden und Kettenreaktionen gibt. Als naechstes wird es von mir Fotos von den dunklen Teilen der Stadt geben, also stay tuned!

Ralf - November 5, 2012 - 5:35 AM

Toller Bericht und erstklassiges Foto.
Gruss, Ralf

f a c e b o o k